Wolpertshausen in Baden-Württemberg: ein Bioenergiedorf, das rund die Hälfte seines Strom- und Wärmebedarfs mithilfe erneuerbarer Energien deckt. Das dient dem Klimaschutz und soll die lokale Wirtschaft stärken – Ziele, die auch unser Anbaupartner hat, den wir heute besuchen.
Einwohner:innen: 2.300
Sprachen: Deutsch und Fränkisch
Typische Namen: Hans, Josepha, Ludwig, Maria
LEBENSBAUM bekommt von hier: Koriander
Los geht es zu Hause in Diepholz, wo wir mit dem Zug gen Süden starten. Unser Zielbahnhof: Heilbronn. Dort werden wir von unserem Gastgeber gleich herzlich begrüßt: „Servus!“, ruft Sebastian Bühler und führt uns zu seinem Auto. Ganz am Ziel sind wir nämlich noch nicht.
Wir fahren durch den Nordosten Baden- Württembergs, in die Region Hohen- lohe – bekannt für ihre Burgen und Schlösser, aber auch für wunderbar fruchtbaren Boden. Hier, auf der Hohenloher Ebene, befindet sich der Sonnenhof, bereits seit 15 Generationen im Besitz der Familie Bühler. Eine lange Tradition. „Natürlich hatte mein Vater sich gewünscht, dass eines seiner Kinder den Hof übernimmt“, erzählt Sebastian. „Vor 20 Jahren bin ich dann mit eingestiegen und kümmere mich vor allem um den Gewürzanbau.“ Na klar, auf so einem großen Hof gibt es mehr als nur Gewürze. Unter anderem wurde hier vor 30 Jahren das Schwäbisch-Hällische Landschwein vor dem Aussterben bewahrt – von Sebastians Vater.
Noch bevor wir den Hof erreichen, steigt uns ein angenehmer, würziger Geruch in die Nase. „Das ist Koriander, ihr kommt rechtzeitig zur Blüte!“ Perfekt, genau deswegen sind wir hier. Bald erstreckt sich vor uns ein weites Feld mit weißen bis zartrosa Blüten. Herrlich! Dazu summt und brummt es überall – am Ackerrand haben Imker Bienenkästen aufgestellt. „Eine Win-win-Situation: Die Bienen können reichlich Nektar für den Honig sammeln und bestäuben dabei die Blüten. Diese Art der Fremdbestäubung bedeutet wiederum einen höheren Ertrag für den Koriander“, erklärt Sebastian.
Bis zur Blüte ist schon reichlich Arbeit in den Acker gesteckt worden: Bereits im Dezember startete die Vorbereitung mit der Winterfurche. Dafür wurde der Boden – nicht zu tief – gepflügt, so dass winterliche Nässe und Frost ihn feinkrümelig machen konnten. Im Frühjahr ließ Sebastian dann mehrmals unerwünschte
Beikräuter (Unkraut) „auflaufen“, also keimen, um sie dann mit dem sogenannten Grubber zu entfernen. „Diese Vorbereitung ist bei Koriander besonders wichtig, da er recht lang braucht, um zu keimen.“ Und dabei soll ihm kein Beikraut Konkurrenz machen.
Wenn die Blüte sich dem Ende neigt, bilden sich die Samen. Sie schmecken nussig und würzig, völlig anders als die Blätter, welche vor allem im asiatischen Raum als beliebtes Küchenkraut verwendet werden und in vielen Gewürzmischungen ihren Platz haben. Hierzulande scheiden sich an den Blättern bekanntlich die Geister. Unser Interesse gilt in diesem Fall den Samen. Um an sie heranzukommen, muss Sebastian warten, bis die Pflanzen nach der Blüte braun werden und trocknen. Dann wird der Koriander gedroschen, „im Grunde wie Getreide“. Je nach Feuchtigkeitsgehalt wird die Ernte dann mit warmer Luft weiter getrocknet, bevor sie mehrere Reinigungsstufen durchläuft, bei denen alles herausgesiebt wird, was nicht Koriander ist. Und dann geht es für den Koriander auch „schon“ zu uns nach Diepholz. Für uns leider auch. Die Zeit ist wie im Flug vergangen.
Im Rückspiegel werfen wir noch einen letzten Blick auf das hübsche Fachwerkhaus der Bühlers mit den grünen Fensterläden. Idyllisch haben sie es hier, Mensch und Tier. Und wie schön müssen erst die Hoffeste sein, die hier jährlich stattfinden. Mit bis zu 5.000 Personen wurde hier schon gefeiert – bis Corona kam. Vorsorglich kündigen wir uns schon mal fürs nächste Hoffest an, denn das wollen wir keinesfalls verpassen.